Bist du schon mal unfreiwillig vom Bike abgestiegen? Hast du auf steilen Abfahrten das Gefühl beim Bremsen über den Lenker zu gehen? Fühlt sich das Bike auf Wurzeln nervös an, oder sinkt das Bike in langen Kurven komplett ein? Dann ist diese Anleitung genau richtig für dich!
Nicht nur Fahrfehler führen zum Sturz oder Situationen in denen du dich auf dem Bike unwohl fühlst, oftmals (wenn nicht sogar meistens) ist ein schlecht oder falsch eingestelltes Fahrwerk die Hauptursache. Ohne korrekten SAG kein Grip, ohne passenden Rebound keine Kontrolle. Einige gehen sogar davon aus, dass über die Hälfte aller Stürze auf ein schlecht eingestelltes Fahrwerk zurückzuführen sind. Diese 50% wollen wir uns heute holen!
Alles was du dazu brauchst ist:
- einen Meterstab (sofern deine Gabel/Dämpfer keine aufgedruckte SAG-Skala haben)
- eine Dämpferpumpe* (wichtig ist, dass du aufgrund der Messtoleranzen möglichst immer die selbe Pumpe verwendest)
- im Idealfall eine zweite Person die dir helfen kann (geht zur Not aber auch alleine)
- Geduld und Zeit – du solltest mindestens fünf bis acht Abfahrten auf deinem Testtrail einplanen. Falls das an einem Tag nicht machbar ist, plane direkt einen weiteren Tag mit idealerweise ähnlichen Bedingungen (Temperatur, Untergrund, …) ein.
- Grundwissen über die Begriffe des Fahrwerks. Schau dir hierzu gerne folgenden Artikel an: Fahrwerk Guide Teil 1 – Begriffe: SAG, Rebound und Zugstufe schnell erklärt
- Dein Handy oder einen Notizzettel
Vorbereitung
Bevor wir starten ist es wichtig ein paar Regeln zu definieren und eine sinnvolle Einstellreihenfolge festzulegen. Am besten legst du dir im Handy eine neue Notiz an, um dir alle wichtigen Einstellung zu notieren und Änderungen zu protokollieren. So hast du auch im Nachhinein immer die Möglichkeit „alte“ bzw. „bewährte“ Setups abzurufen.
Je nachdem welche Einstellmöglichkeiten du an Gabel und Dämpfer hast, ist es wichtig zu wissen wie groß der Einstellbereich – wie viele Klicks – ist. Dazu zählst du zuerst die Anzahl der Klicks bei Drehen in die geschlossene Stellung und notierst das als aktuellen Einstellwert. Danach drehst du die Einstellrädchen in die komplett offene Stellung und zählst und notierst wieder die Anzahl der Klicks, das ist der komplette Einstellbereich.
Vor dem Ansetzen der Dämpferpumpe drehst du jetzt alle Rädchen wieder in die offene Stellung und notierst dir zusätzlich den aktuellen Reifendruck. Der sollte während des Setups unverändert bleiben, da sich ansonsten das komplette Fahrgefühl verändert.

Wenn du sowohl auf Gabel und Dämpfer eine Skala aufgedruckt hast, kannst du direkt loslegen. Falls nicht, dann musst du leider zuerst den Federweg der Gabel und den Hub des Dämpfers messen (oder im Handbuch nachlesen).


Jetzt gehts wirklich los! Denk dran, wir starten mit allen Rädchen in der offenen Stellung.
SAG einstellen (Negativfederweg)
Der SAG beschreibt, wie weit die Federung einsinkt, wenn man mit vollständiger Ausrüstung auf dem Rad sitzt. Ein korrekt eingestellter SAG sorgt für optimalen Bodenkontakt und Komfort. Der passende SAG orientiert sich am Einsatzbereich, aber generell kann man sagen, je mehr Federweg zur Verfügung steht, desto weicher wird also abgestimmt.
Gabel: Der SAG der Gabel passt in den meisten Fällen bereits einigermaßen, wenn man sich an die Luftdrucktabelle des Herstellers hält. Diese ist im Normalfall auf der Gabel aufgeklebt und eine gute erste Orientierung.
Dämpfer: Folgende Richtwerte können hilfreich sein: 15-25% SAG bei Race/ Marathon, 20-30% bei All Mountain/ Enduro und 30-40% im Downhill.
So stellst du den SAG ein:
- Stelle dein Bike auf eine ebene Fläche und zieh dich so an wie du auch auf dem Trail unterwegs bist. Rucksack? Trinkblase?
- Stell dich in der Grundposition zentral aufs Bike ohne dich an Wänden oder anderen Hilfsmitteln festzuhalten.
- Bitte eine zweite Person, die Gummiringe an Gabel und Dämpfer an die Dichtungen zu schieben.
- Steige vorsichtig ab und überprüfe den SAG anhand der Skala am Fahrwerk (wenn vorhanden) oder mithilfe einer Messung.
- Falls nötig, passe den Luftdruck an:
- Mehr Druck: Weniger SAG (härteres Fahrwerk)
- Weniger Druck: Mehr SAG (weichere Abstimmung)
Bevor wir weitermachen, stelle jetzt alle Einstellrädchen auf die mittlere Position – dazu hast du vorhin die Klicks gezählt.
Rebound einstellen (Zugstufe)
Der Rebound (auch Zugstufe genannt) regelt, wie schnell die Federung nach einer Kompression zurückfedert. Eine falsche Einstellung kann zu instabilem Fahrverhalten oder einem „springenden“ Fahrwerk führen. Meistens ist das Einstellrädchen dazu rot und mit den Symbolen Hase (schnell) und Igel (langsam) versehen.
- Zu langsamer Rebound: Das Fahrwerk bleibt zu lange tief, sackt in sich zusammen und fühlt sich träge an.
- Zu schneller Rebound: Das Bike federt unkontrolliert zurück, was zu Instabilität führt.
Fahre deinen Lieblingstrail und teste das Verhalten:
- Falls das Fahrwerk nicht schnell genug zurückkommt: Öffne den Rebound (mehr Klicks nach links).
- Falls das Fahrwerk zu unruhig ist: Schließe den Rebound (weniger Klicks nach links).
Je nachdem wie viele Klicks du zur Verfügung hast, kannst du auch direkt drei Klicks in die jeweilige Richtung versuchen. Wenn es besser wurde, beim nächsten Run wieder drei Klicks weiter, ansonsten zwei Klicks zurück und wieder testen. Hast du zwei Kicks zurückgedreht, dann sollte es entweder passen, oder du musst noch einen Klick nach vorne drehen. Hört sich komplizierter an als es ist 🙂 Wenn du dir unsicher bist, einfach immer nur einen Klick verändern!
Stelle die Gabel und den Dämpfer unabhängig voneinander ein und teste verschiedene Einstellungen. Wenn du dir die jeweiligen Eigenschaften notierst, dann kannst du irgendwann anhand deiner Notizen gezielte Anpassungen je nach Untergrund vornehmen.
Progression anpassen
Die Progression beeinflusst, wie sich das Fahrwerk in Abhängigkeit der Einfedertiefe verhält.
- Lineare Federkennlinie: Das Fahrwerk fühlt sich über den gesamten Federweg gleich an.
- Progressive Federkennlinie: Das Fahrwerk wird mit zunehmender Einfederung härter und verhindert Durchschläge.
So kannst du die Progression beeinflussen:
Durch Volumenspacer (bei Luftfahrwerken):
- Mehr Spacer = progressiver (härter am Ende des Federwegs) – das Bike stehe länger hoch im Federweg, optimal für technisch anspruchsvolle Steilabfahrten
- Weniger Spacer = linearer (sanfteres Fahrgefühl)
Durch Federhärte (bei Stahlfederdämpfern): Eine härtere Feder erhöht die Progression.
Feintuning
Nachdem die Grundeinstellungen vorgenommen wurden, kannst du dich je nach Fahrwerk um die High- bzw. Lowspeed Compression kümmern.
- Hast du zu wenig Grip? Mehr SAG oder schnellerer Rebound.
- Sackt das Bike in den Kurven zu tief ein, dann muss die LSC härter werden
- Katapultiert es dich im Wurzelfeld vom Pedal, dann ist die HSC zu hart.
- Wenn die Gabel zu oft durchschlägt, dann fehlt es an Progression. Falls der Luftdruck passt, Volumenspacer rein!
- Trotz korrektem Luftdruck wird der Federweg nicht voll ausgenutzt? Volumenspacer raus!
- Zum Springen wird das Bike eher etwas härter abgestimmt um beim Absprung nicht wegzusacken.
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Ride on
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